Aus den Dörfern – gemischter Satz 2018

Der gemischte Satz, das Nebeneinander verschiedenster Rebsorten in einem Weinberg, war in vielen Weinbauregionen auch bei uns in Deutschland bis zu den Flurbereinigungen in den 1970er Jahren üblich. Heutzutage regiert weltweit die Monokultur den modernen Weinberg.

Ein echter gemischter Satz aus unterschiedlich reifenden Rebsorten verschiedenster Qualität in einem Weinberg, zum gleichen Zeitpunkt gelesen und verarbeitet, ist heute die Ausnahme. Hannes Schuster vom Weingut Rosi Schuster im österreichischen Burgenland fand durch Zufall einen alten Weinberg mit wenigen Zeilen nicht vollständig identifizierter uralter Rebsorten, konnte die Inhaber überreden, sie nicht zu roden und bereitete daraus einen Wein, der die vielleicht authentischste Vorstellung von dem ist, was man damals unter Weißwein verstand. 13 verschiedene Rebsorten sind vermutlich an dieser Cuvée beteiligt, die am gleichen Tag gelesen und gekeltert wurden. Weißwein, der ganz anders riecht und schmeckt als das, was wir uns heute unter Weißwein vorstellen. 13 Rebsorten, die zu vermutlich sehr unterschiedlichen Zeiten reif werden; also ist die eine Sorte unreif zum Lesezeitpunkt, eine andere vermutlich vollreif, manch andere irgendwo dazwischen. Dieses vermutlich ziemlich breite Spektrum an Traubenreife beeinflußt natürlich Duft und Geschmack des fertigen Weines nachhaltig. Was wir heute trinken und kennen, sind Weißweine aus homogen reifen Trauben. Hier erlebt man das genaue Gegenteil. Das Ergebnis ist ungewohnte Komplexität in einem Duft, der nur schwer zuzuordnen und zu beschreiben ist; man spürt, daß es sich um verschiedene Rebsorten handeln muß, denn Duft und Geschmack wirken nicht gewohnt homogen »duftig«, sondern ungewohnt unpräzise und verunsichernd schwer zuordenbar; der Wein wirkt reif und unreif zugleich, besitzt aber faszinierende Frische in pikant würzig agierender Säure; sein schwer zu beschreibender Charakter verunsichert den Genießer, denn er duftet »anders« als gewohnt, vielschichtig, aber wenig konkret, ziemlich würzig und extrem mineralisch, fast »salzig« an einen Tag am Meer erinnernd, durchsetzt mit morbiden Blütendüften und einem Hauch frisches Heus, aber schwer zu beschreiben. Ein Erlebnis auf jeden Fall und eine Persönlichkeit ganz eigenen Charmes.

Die Weinbereitung durch Hannes Schuster hält sich bewußt zurück, man riecht und schmeckt sie nicht; Ausbau im großen Holzfaß, spontane Vergärung, keine Mostvorklärung – sie agiert so schonend, daß nur der Wein und seine Herkunft sprechen, die Machart aber weder Stil noch Charakter dominiert. Spannendes Weinerleben also aus vergangener Zeit. Schmeckbare Weinhistorie und Konfrontation mit vergessenem Duft und Geschmack. Dieser Wein hält unserer heutigen Vorstellung von Weingenuß den Spiegel vor und ermahnt uns, wieder offener zu sein für ein Mehr an Duft und Geschmack.